Aufgaben des Logopäden

 

1.- EVALUIERUNGSPHASE.-

– Prüfung von Berichten, die von Angehörigen beigebracht und/oder von den Referenzkrankenhäusern oder anderen Spezialbehandlungszentren ausgestellt wurden.

– Erfassung von Daten über die relevante familiäre und persönliche Vorgeschichte sowie die aktuelle Krankheitsgeschichte.

– Klinische Gespräche mit den Angehörigen bzw. mit den für den Patienten verantwortlichen Personen, falls erforderlich.

– Evaluierung, Bewertung und Diagnose hinsichtlich eines eventuell gestörten Schluckreflexes:

–       Untersuchung der orofazialen Grundfunktionen (Einatmung, Atemausstoß, Husten und Würgereiz).

–       Untersuchung von Rachen- und Kehlkopfstruktur (Gesichtslähmung und/oder -asymmetrie, Zungendeviation, Lippenverschluss, Gaumensegel, Kiefer, Kiefergelenk und Muskeltonus).

–       Untersuchung der orofazialen Beweglichkeit (Augenbrauen, Lippen, Zunge, Wangen, Kiefer und Gaumensegel): Kraft, Weite, Geschwindigkeit, Präzision, Stabilität motorischer Fähigkeiten und Tonus.

–       Untersuchung des Kau- und Schluckmusters: normal oder atypisch.

–       Untersuchung der Schluckphasen: Präorale Vorbereitungsphase, orale Transportphase, Rachen- und Speiseröhrenphase (Schluckstörungen, Speichelstase, fraktioniertes Schlucken, längere Schluckpausen, Veränderungen der Stimme, Husten, Gefühl von Luftmangel …).

–       Untersuchung des Schluckreflexes bei Kindern mit Zerebralparese (Saugen, Schlucken, Beißen und Kauen).

–       “Volume-Viscosity Swallow Test” (V-VST) für die Erkennung möglicher Störungen bei der Schluckeffizienz und Schlucksicherheit: Nahrungsboli mit drei verschiedenen Viskositäten (Nektar, Flüssigkeit und Pudding) und drei sich steigernden Volumen (5, 10 und 20 ml).

–       Überwachung der peripheren Sauerstoffsättigung (Pulsoxymeter).

–       Diagnose des Dysphagietyps (oropharyngeal/ösophageal, mechanisch/funktionell).

–       Bewertung des Nahrungsmitteltyps gemäß Ausprägung der Dysphagie: orale Nahrungsaufnahme/enterale Ernährung über eine nasogastrische Sonde oder Gastrostomiesonde.

–       Festlegung der Ernährungsvorschriften bei oraler Ernährung: basische, zerkleinerte Nahrungsmittel, die leicht zu kauen sind.

–       Bestimmung der Flüssigkeitskonsistenz gemäß der Verdickungsmittelmenge: Nektar, Honig und Pudding.

–       Informieren der Krankenpflegeabteilung über die spezielle Ernährung für Patienten mit Dysphagie nach der Untersuchung bei der Aufnahme des Patienten.

–       Informieren des Hilfspersonals über die Ernährungsvorschriften für Patienten mit Schluckstörungen.

–       Beantragung der Überweisung zum HNO-Spezialisten für eine zusätzliche Beurteilung, falls erforderlich.

-Evaluierung, Beurteilung und Diagnose hinsichtlich eventueller Stimmveränderungen:

–          Untersuchung der Stimmfunktion: akustische Analyse der Stimme anhand eines Computerprogramms (Multi-Speech), Berechnung des Phonationsquotienten und S/Z-Test.

–       Bewertung der phonatorisch-respiratorischen Parameter: informatisierte Spirometrie, Atemtyp und Berechnung der verschiedenen phonatorisch-respiratorischen Zeiten (phonatorisch, respiratorisch, Atemstillstand, Ausatmen und maximaler Luftausstoß).

–          Bewertung des allgemeinen phonatorischen Verhaltens beim spontanen Sprechen und Lesen eines Texts: Haltung, phonatorisch-respiratorische Koordination, Sprechrhythmus und Stimmvolumen.

–          Gegebenenfalls Anforderung zur Überweisung zum HNO-Spezialisten für eine anatomische und funktionelle Kehlkopfuntersuchung.

-Evaluierung, Bewertung und Diagnose hinsichtlich eventueller Veränderungen beim Sprechen:

– Allgemeine Untersuchung der orofazialen Motorik sowie der Motorik des Rachens und Kehlkopfs: Gesichtssymmetrie, Atemausstoß, Atmungstyp, Kauen, Schlucken, Speichelstase, orofaziale Praxien…

– An die orofaziale Motorik sowie die Rachen-Kehlkopf-Motorik von Kindern mit Zerebralparese angepasste Untersuchung.

– Phonatorisch-artikulatorische Untersuchung durch Wiederholung von Wörtern und Sätzen.

– Induzierte Phonologische Erfassung anhand des Vorlegens von Bildern.

– Untersuchung der allgemeinen Sprechverständlichkeit.

-Evaluierung, Beurteilung und Diagnose hinsichtlich des Vorhandenseins von Sprachstörungen (schriftlich und mündlich) und Kommunikationsstörungen:

– Beurteilung der Sprache bei Kindern in der präverbalen Phase: visuelle und auditive Aufmerksamkeit, Nachsprechen, Befolgung von Anweisungen, kommunikative Absicht, Vokalisierungen…

– Beurteilung des verbalen Ausdrucksvermögens: Fähigkeit zur Wiederholung, zum Wortabrufen, zur Benennung bei visueller Konfrontation, Aufzählung von automatischen Reihen, zur Beschreibung sowie zur spontanen Konversation und zum spontanen Ausdruck.

– Beurteilung des mündlichen Verständnisses: Fähigkeit zur Identifizierung von Bildern, Befolgung von einfachen und komplexen Anordnungen sowie Verständnis von komplexem ideativem Material.

– Beurteilung der Lesefähigkeit: Fähigkeit zur Unterscheidung von geschrieben Buchstaben und Wörtern, Wiedererkennen von geschriebenen Wörtern, Verständnis des mündlichen Buchstabierens, paarweise Zusammenstellung von Zeichnungen und dazugehörigen Wörtern sowie Lesen von Sätzen und Absätzen.

– Beurteilung der Schreibfähigkeit: Schriftmechanik, Transkription von Buchstaben- und Zahlenreihen, einfaches Diktat, Benennung durch schriftliche Konfrontation, diktiertes Buchstabieren, diktierte Sätze und narratives Schreiben.

– Beurteilung der Fähigkeit zur Intonation von Melodien und Wiedergabe von Rhythmen.

– Beurteilung der Fähigkeit zur Anstellung von einfachen und komplexen Berechnungen.

– Beurteilung der visuell-konstruktiven Fähigkeiten.

– Diagnose von Sprachstörungen (Aphasie), wobei der Aphasietyp gemäß der betroffenen Sprachmodalität bestimmt wird (motorisch, motorisch-gemischt, sensorisch, anomisch, global …).

– Erstellung von logopädischen Evaluierungsberichten, in denen die ermittelten Resultate, die Diagnose sowie der Behandlungsplan aufgeführt werden.

2.- BEHANDLUNGSPHASE.-

– Aufstellung von allgemeinen und spezifischen Interventionszielen.

– Rehabilitation von Schluckstörungen:

– Myofunktionelle Therapie: aktive und passive Übungen zur Verbesserung der Beweglichkeit, des Tonus, sowie der Muskelleistung und -kraft von betroffenen Organen (Lippen, Zunge, Kaumuskeln, weicher Gaumen und Kiefergelenk).

– Elektrische Stimulation der Gesichtsmuskeln und Muskeln des Rachen-Kehlkopfraums.

– Beginn der oralen Nahrungsaufnahme bei Patienten mit Sonde für enterale Ernährung (nasogastrische Sonde oder Gastrostomiesonde).

– Kompensatorische Schlucktechniken und -vorgänge, die auf die jeweilige Störung des Betroffenen abgestimmt sind.

– Modifikationen hinsichtlich der Nahrungskonsistenz, des Bolusvolumens und der Viskosität von Flüssigkeiten.

– Kontrolle der progressiven Ernährung bei Patienten mit Dysphagie: feine Pürees, grobe Pürees, festere Nahrungsmittel, Nahrungsmittel jeglicher Textur und normale Ernährung.

– Unterstützung und/oder Überwachung von Patienten mit Dysphagie während der Nahrungsaufnahme.

– Koordination mit der Krankenpflegeabteilung hinsichtlich der Ernährung von Patienten mit Dysphagie und Information bezüglich Änderungen in der Ernährung.

– Beratung von Angehörigen und Pflegepersonal von Patienten mit Dysphagie, die sich in ambulanter Behandlung befinden.

– Rehabilitation von Stimmstörungen:

– Behandlung der Atmung: Anweisung zur korrekten Atmung, Kontrolle der ausgeatmeten Luft, Erhöhung oder Verringerung des Stimmvolumens und Anweisung zur korrekten phonatorisch-respiratorischen Koordination.

– Wiedererlernen der Haltungskontrolle.

– Verbesserung der akustischen Stimmparameter: Tonus, Timbre, Intensität, Melodie, Intonation…

– Rehabilitation von Störungen des Sprechvermögens:

– Behandlung der motorischen Prozesse des Sprechvermögens, um das artikulatorische Defizit zu korrigieren: phonatorisch-respiratorische Koordination, Haltung, Tonus und Kraft der Orofazialmuskulatur, Resonanz, Phonation, Artikulation und Prosodie.

– Rehabilitation von Störungen des Ausdrucksvermögens und Sprachverständnisses:

– Behandlung des verbalen Ausdrucksvermögens:

. Sprach-Rhythmus-Störungen: eingeschränktes Sprechvermögen / logorrhoische Redeweise.

. Phonetische Störungen: Korrektur bei Veränderung und Deformierung der Phoneme, Behandlung von orofazialen Apraxien, Wiedererlernen der betroffenen Phoneme und Reduzierung der Aprosodie.

. Phonologische Störungen: Korrektur bei Wortveränderungen durch Ersetzen, Auslassen oder Versetzen der Phoneme (Paraphasie).

. Lexikalische Störungen: Wiederauffrischung des Wortschatzes, Wiederherstellung von fehlendem Vokabular (Anomie) und Hilfe bei der Wortfindung.

. Syntaxstörungen: Korrektur des Dysgrammatismus (“Telegrammstilsprache”) oder des Paragrammatismus (willkürliche Umstellung von Satzelementen).

–       Behandlung des mündlichen Verständnisses:

. Gnostische Störungen: Verbesserung bei der Unterscheidung von Lauten.

. Psycholinguistische Störungen: Abrufen der Bedeutung von Wörtern.

. Akustisch-mnestische Störung: Erleichterung des Behaltens von verbal vermittelten Informationen.

– Rehabilitation der geschriebenen Sprache:

– Behandlung von Wahrnehmungsprozessen: Unterscheidung zwischen visuellen und akustischen Wahrnehmungen.

– Behandlung der lexikalischen Verarbeitung: visuelle Route und phonologische Route.

– Behandlung der syntaktischen Verarbeitung: Satzstruktur und Satzzeichen.

– Behandlung der semantischen Verarbeitung: Verstehen von übermittelten Informationen.

– Behandlung des Kurzzeitgedächtnisses und des Arbeitsgedächtnisses.

– Erstellung, Einübung und allgemeine Anwendung von Unterstützten Kommunikationssystemen (UK) für Patienten, die gar nicht oder nur mit großen Einschränkungen in der Lage sind, mit den Personen in ihrer Umgebung zu kommunizieren.

– Umgang mit und Beratung bezüglich technischer Hilfsvorrichtungen für die Kommunikation, die an die spezifischen Einschränkungen des Patienten angepasst sind: Computer und Buchstaben-, Wort- oder Bildtafeln.

– Logopädische Intervention bei infantiler Zerebralparese:

. Entspannung der Orofazialmuskulatur.

. Haltungshilfe.

. Behandlung hinsichtlich Ernährung und Kontrolle des Speichelflusses (Sabbern).

. Behandlung der Artikulation beim Sprechen.

. Stimulation des Ausdrucksvermögens und Sprachverständnisses.

3.- ENTLASSUNGSPHASE.-

3.1. Ambulante Vorgänge:

– Logopädische Entlassungsberichte gemäß ambulanten Anforderungen. Darin wird die Entwicklung des Patienten vom Beginn der Behandlung bis zum Zeitpunkt der Entlassung beschrieben und eventuell die Empfehlung zur logopädischen Weiterbehandlung gegeben.

– Erstellung und Anwendung von spezifischen Interventionsplänen für die Festigung der erzielten Fähigkeiten.

– Beratung von Angehörigen und Pflegepersonen von Patienten mit Dysphagie hinsichtlich der spezifischen Ernährung für den Betroffenen.

– Beratung von Angehörigen und Pflegepersonen von Patienten mit Sprach- und Kommunikationsstörungen hinsichtlich einer Erleichterung des verbalen Austauschs und der Verwendung von Kommunikationshilfen.

3.2. Endgültige Entlassung:

– Endgültige logopädische Entlassungsberichte, in denen die Entwicklung des Patienten vom Beginn der Behandlung ab beschrieben wird, einschließlich der erzielten Fähigkeiten und eventuell noch vorhandenen Defiziten. Zudem wird die Möglichkeit einer weiteren logopädischen Behandlung erörtert. Darüber hinaus erhalten die Berichte Anweisungen für den Umgang mit dem Patienten zu Hause im Falle von Dysphagie oder Sprach- bzw. Kommunikationsstörungen.